Mit Leidenschaft hoch hinaus |
Am 10. September war es soweit. Die Austragung des 24. Jungfrau-Marathon nahm eine ganze Region in Beschlag. Über 4'000 Laufbegeisterte wollten sich auf der schönsten Bergmarathonstrecke der Welt messen. 18 Jahre der Jüngste, 82 der Älteste, der Frauenanteil lag heuer bei 25%. Insgesamt waren 62 Nationen am Start. Unter ihnen die LCA-Routiniers Marianne, Priska, Christoph, Fritz und Pesche B. Dazu die Neulinge Karoline, Sascha und Roland. Nach dem etwas leisen aber nicht minder andächtigen Schweizer Psalm schickte Nicola Spirig die Läuferschaft mit einem lauten Böllerschuss los. Hoch hinaus wollten sie alle, aber einem Zehntel sollte es nicht bis ins Ziel reichen.
Die Sonne hatte bereits wärmende Strahlen ins Tal geschickt. Den einen war‘s schnell mal zu heiss, die Mehrheit aber genoss das Bilderbuchwetter. 1‘700 Helferinnen und Helfer und 50‘000 Schaulustige, unter ihnen der frisch gebackene Schwingerkönig Matthias Glarner, säumten die Strecke und bejubelten den hinauf keuchenden Tross. Entlang der Lütschine wehte ein kühles Lüftchen. Vorne weg enteilte die Spitze, gefolgt von Marianne und Christoph. Hinten sorgte dichter Verkehr dafür, dass den Übermutigen und wenig Erfahrenen nicht die Pferde durchgingen. Dann war in Lauterbrunnen bereits die Halbmarathondistanz erreicht. In diesem eindrucksvollen Trogtal, zwischen gigantischen Felswänden, Gipfeln und Wasserfällen, ging es in die berüchtigte Schlaufe. Nochmal richtig Gas geben oder bereits einen Gang runter schalten? Nach Kilometer 26.5 war dann fertig lustig. Ab in den Schutzwald und in endlosen Serpentinen steil hinauf nach Wengwald. Der Puls war hoch, die Beine schmerzten. Das zweite Rennen hatte begonnen. Nur wer bis dorthin gut gehaushaltet hatte, konnte noch auf die Überholspur wechseln.
In Wengen wurde es laut. Dicht gedrängt puschte die frenetische Zuschauermasse manchen Läufer weiter aufwärts. Für die LCAler waren gleich zwei Luxus-Tankstellen eingerichtet, eine im Dorf, die andere ausserhalb beim Skilift Innerwengen. Unsere Oberen versorgten die Schwarzweissen Aareläufer mit frischen Leibchen und Riegeln, mit Wasser und Cola. Vor allem aber gab es eine Extra-Portion Anfeuerung und Moralspritze fürs letzte Drittel. Die Luft wurde dünner, die Bäume seltener, hoch oben thronte majestätisch die Jungfrau. So zog Kilometer um Kilometer vorbei. Vor Wixi erquickte die Bestäuberin Ursina manch müden LCA-Geist und schickte diesen frisch gestärkt Richtung Moräne. Kurz davor konnte man von weitem eine blaue, perfekt ausgerichtete Alphornbläserchoreo erblicken, die mit ihren volkstümlichen Klängen Ruhe ins Gedränge brachte. Rechts davon die Läuferschar, die einem Tatzelwurm gleich, eine Schleife in den Hang zeichnete.
Bei den Männern ging der Sieg nach Deutschland, bei den Frauen stellte Berglauf-Weltmeisterin Strähl einen neuen Streckenrekord auf. Ungleich wichtiger jedoch: Marianne hatte sich in einem begeisternden Finish aufs Podest gekämpft, Christoph besiegte willensstark seine Krämpfe während die schnelle Priska zu schnell lief und sich ins Ziel litt. Fritz, wie eh und je, auf Langdistanzen ein sicherer Wert. Auch Pesche hatte seine Stiefel gut geschnürt und lief in zügigem Schritt Richtung Kleine Scheidegg. Für die "Newbies" war der Lauf einmalig. Ein eindrückliches Naturerlebnis, 41'195 Kilometer lang, und eine tolle Stimmung. Fahnenschwinger, Alphornbläser und der coole Mr. Dudelsackspieler.
Das Erklimmen der 1839 Höhenmeter war für manchen mehr Qual als Wahl, für die durchtrainierte LCA-Läuferschaft aber mehr Genuss als Verdruss. Alle finishten und konnten sich stolz die Medaille um den Hals hängen lassen. Und selbst das knallig-rosarote Finisher-Shirt zog sich manch einer der skeptischen Mannen über. Nach dem Lauf ist vor dem Lauf.
Ob sich für die 25. Jubiläumsaustragung vielleicht ebensoviele LCAler/innen begeistern werden? Die Anmeldungen ab Valentinstag werden es weisen
(10. September 2016 / Text: R. Salvisberg; Bilder: mj)