100km - Die Nacht der Nächte |
Ein langer, gehegter Wunsch, oder wohl Traum oder vielleicht Wunschtraum ging letzten Samstag in Erfüllung... Beladen mit fünf gefüllten Ikeataschen voll kleiner blauen Säcklein für die Staffeln und zwei roten Säcklein für uns 100er bestiegen wir am Donnerstagabend das Auto in Biel und fuhren in Richtung Bern. Diesmal noch ohne müde Beine und voller Elan. In Gedanken schon in der übernächsten Nacht. Abwechselnd mit Zweifeln, Hoffnung und riesen grosser Vorfreude auf das, was Barbara und ich nun seit einem Jahr daraufhin trainierten.
Die Zeit am Freitag blieb förmlich stehen, um 19 Uhr hatten wir das Gefühl es könnte nun endlich losgehen, doch die Sonne stand noch zu hoch am Himmel. 21. 30 Uhr, noch eine halbe Stunde, mit Einlaufen, tja besser Eintraben und zum xten Mal vorbei auf einer Toilette vertrieben wir uns die kurze Zeit. Die Sonne war nun verschwunden und die angenehme frische der Nacht machte sich bemerkbar. Und dann endlich punkt 22.00 Uhr ertönt der Startschuss und die Beine dürfen endlich tun, was sie schon den ganzen Tag wollten. RENNEN..... Rolf, Barbara, Karoline Beat, Roland und ich machten uns auf den Weg. Unter den vielen Zuschauern in der Innenstadt standen an jeder Ecke wieder unsere Fans vom LCA. Bereits an dieser Stelle ein herzliches MERCI für die grandiose Unterstützung. Vorbei an den Zuschauern gings dann Richtung Belmund und weiter in die dunkle Nacht.
Ja für mich, die das Ganze zum allerersten Mal erlebte wars einfach von Anfang an überwältigend. Alles bewahrheitete sich so, wie Barbara mir auf xxx Kilometern Training immer so schön beschrieben hat. Plötzlich wurde alles Wahrheit. Die feinen Lichterketten auf den dunklen Wegen, einsame Zuschauer am Rand, kleine und grosse Fans an der Strecke, Spaghettiplausch mitten in der Nacht, Bratwürste am Streckenrand, Musik aus dem Rucksack der Plauschläufer, das Spitzenvelo der Frauen in Reichweite, Verpfelgungsstände mit einem Buffet wie ichs noch nie gesehen habe, Festivitäten des Nachts. Die Lichter des Bantigers zeigten sich einmal von der einen Seite und später dann von einer anderen Seite, da heisst ich kam zügig voran. Aber eben inmitten all der Freude kamen auch die Leiden auf leisen Sohlen ohne Voranmeldung angeschlichen. Meine Magenkrämpfe ab km 50 bis etwa km 70 waren echt nicht eingeplant, genau so wenig wie die Knieprobleme von Barbara oder erst die Schmerzen welche Rolf zur Aufgabe zwangen. Ich konnte wenigstens noch wie ein sturmes Huhn, samt Stirnlampe jeweils einen Hechtsprung ins Toitoi machen und mit Schuss wieder rausrennen, doch für Knieschmerzen gabs dummerweise keine so blauen Häuschen.....
Gerechnet habe ich mit einem schön gemähten Weglein entlang des Hotschiminpfades, doch das entpuppte sich dann anders. Durch hohes, in diesem Zustand Meterhohes Gras, stapfte ich durch die Stille der Nacht. Zum Glück wurde aber diese Stille ab und zu mal unterbrochen. Sei es, weil die Staffel mich überholte, ich wieder einen Läufer überholte, ein voll geladenes LCA Auto angefahren kam, oder plötzlich wie aus dem Nichts ein Fan an der Strecke jubelte.....
Kurz vor Biberen entdecket dann mein Velofahrer die ersten hellrosa farbenen Wölkchen am Himmel, langsam fingen die Vögel an zu pfeifen und nach Arch durchlief ich noch eine Mückenplage. Jetzt wars klar, es kann kommen was mag, das packen wir noch.... Plötzlich wars nur noch ein Halbmarathon, dann noch der GP, dann noch ein Zehner und schlussendlich noch der Frauenlauf. Da fand ich wieder Worte und schickte zum eigenen Entsetzen, meinen Velofahrer kurz nach hinten, mit dem Auftrag, er solle schauen wo die dritte Frau ist. Es ging nicht lange kam er zurück mit der Antwort, die sei weit und breit nicht zu sehen. Und dann weit vorn, wie eine Fatamorgana ein schwarz weisses Trainerjäckli auf einem Velo, das kann nur Tinu mit der Kamera sein.... Das lange ersehnte Schild 99 an der Bahnlinie. Den letzten km schwebte ich leicht über dem Boden in Richtung Ziel. ....ja und dann übermannten mich die Emotionen, Glück im Quadrat, meine ganze Familie, der ganze LCA, das gelbe Shirt mit der Aufschrift 2. Frau, das Interview.... MERCI allen, allen, allen. Ja allen die anwesend waren, allen die mitdachten, allen die mitfieberten, allen die begleiteten, Pesche für den minutiösen Zeitpaln, welchen ich aber dann um 2 Minuten unterbot....und allen die ich vergessen habe...
(9./10. Juni 2017 / Text: M. Okle; Bilder: mj)
Die allesamt erfolgreich im Ziel in Kirchberg angekommenen 56km LäuferIn lagen wohl bereits frisch geduscht in ihren Betten als auch ich mich Schritt für Schritt dem Ziel in Biel näherte. Auch wenn auf «meinen» 100km nicht durchwegs alles so gelaufen ist wie es hätte laufen können verspürte ich eine riesen Freude!
Agi und Bernard haben mich mit Herzblut und vollem Einsatz durch die ganze Nacht begleitet. Und nun wurde ich frenetisch von unseren Staffelläufern empfangen, welche tatsächlich im Ziel auf mich gewartet haben - VIELEN DANK!
Die letzten Meter legte ich mit meiner Tochter zurück, die trotz schlafloser Nacht noch einen fulminanten Endspurt hinlegte.
Diese 100km - was für ein unbeschreibliches Erlebnis!
(9. / 10. Juni 2017 / Text: B. Puver; Bilder: mj)